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de-crucified: vorwort

Im bisherigen Schaffensstrom von Polytalent Herrmann stößt man auf Malerei, Grafik, Objektkunst, Installation, Fotografie, philosophische Texte, Kinderbücher, Design, musikalische Kompositionen, multimediale Performances und kreative Konzepte ... es handelt sich dabei aber weniger um eine konsequente Aneinanderreihung von immer neuen Versuchen, als vielmehr um ein wachsendes, holistisches "Nebeneinander" bzw. "Ganzes", sozusagen den beständig wechselnden Auswurf einer komplexen, permanent zu aktueller Schöpfung gedrängten Persönlichkeit ... ein schwer einsichtiges Puzzle, das für den staunenden Rezipienten zunehmend Form annimmt.

Herrmann hat Philosophie und Kunstgeschichte studiert, von Wien bis New York seine Bilder ausgestellt, er ist Preisträger des Salzburger Kulturfond Literatur, sein Humor wurde von Wilhelm Sinkovicz in DIE PRESSE mit Asterix verglichen, Hermes Phettberg nennt im FALTER die Pointe eines seiner Kinderbücher das "Weiseste, daß er je gelesen hat ...", er schuf mit dem EUropäischen Rindvieh die kontroversiellste Kuh im Salzburger Event "Kunst & Kuh 2000" usw. usw. ... forschen Sie selbst auf www.geraldherrmann.com ...

Herrmann organisiert sich selbst, geht durch alle notwendigen Tiefen und kocht - unbeeindruckt von Kunstbetrieb und Geschichte der Kunst (die er sehr gut kennt) - seine eigene Suppe. In einem gelungenen Husarenstreich baut er sein eigenes, vollkommen individuelles Kunst-Universum. Der von Dr. Anton Gugg als "der Salzburger Außenseiter" bezeichnete Künstler (Kunstschauplatz Salzburg, Lexikon, Kulturamt der Stadt Salzburg, 2002) und der - wie er selbst sagt - "mit der Welt draussen nicht mehr viel zu tun hat", schliefe wohl eher unter Brücken, als sich mit jener Welt, die man landläufig "Kunstszene" nennt (und die er selbst als "parasitäre Kunstperipherie" bezeichnet), anzufreunden. Der Philosoph Herrmann bewegt sich auf einem intellektuellen Hochplateau, das Kontakt zu selbstgefälliger, extrovierter Schau-Gesellschaft von vornherein ausschließt.

Der 42-jährige Künstler mit seinem unverwechselbaren Charisma hat das Format (bzw.: "trägt die latente Disposition in sich") irgendwann Grandseigneur der Kunst vor Ort zu werden, ohne sich jemals darum bemüht zu haben ... denn: Herrmann nimmt nicht sich selbst wichtig, sondern ausschließlich seine Arbeit. Dies zeigt sich auch in seinem in diesem Newsletter vorliegenden Text "WAS (?) IST KUNST".

Bezüglich dieses Textes dachte ich anfangs wirklich: Will mich der Mann jetzt verkohlen, oder was? Setzt er mir hier ernsthaft einen Text vor, in dem er mir Kunst wie einem Erstklässler erklären möchte, bei dem er mit 1 + 1 = 2 beginnt? Muß ich mir hier wirklich Gedanken machen, wie Monets Seerosenbilder mit Damenbindenschach-teln harmonieren? Und das nennt er dann "Thesenblatt"? Bis ich dann langsam und fortschreitend die Intention Herrmanns hinter diesem Text durchblickte, in dem er die Frage WAS IST KUNST zuerst bis auf die Grundstrukturen reduziert, auf die Wurzeln sozusagen, um dann langsam auf diesen (1 + 1 = 2) Binsenweisheiten wieder aufzubauen und aufzuzeigen, dass sich auch der schwierigste Kunsttext, wenn man ihn nur wie eine Zitrone auspresst, auf ebendiese Binsenweisheiten reduzieren lässt. Insbesondere die "Pointe" am Ende des vorliegenden Textes, in der er das Verständnis für Kunst mit der notwendigen Prise Humor am Beispiel Sport bildlich darstellt (ein Ansatz, den es wohl in der Form noch nicht gab), hat mich amüsiert und überrascht ... "

Hadmar Freiherr von Wieser, Schriftsteller

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